Forum für alle Pässe- und Tourenfahrer

Reisebericht Follow the sun - spanische Pyrenäen, Auvergne

Berichte von euren Reisen und Abenteuer beim Pässe knacken
Der Plan: In den Pyrenäen Motorradfahren. Beim ersten Versuch letztes Jahr, blieb die Reisegruppe BDR529, Manuel, Tremor und ich ziemlich auf der französischen Seite und fand die Strecken nett, aber nicht umwerfend. Ein kurzer Abstecher auf die spanische Seite verlief vielversprechend, aber ein Umzug des Basislagers dorthin fand keine Unterstützung. Vielleicht war der Campingplatz einfach zu gut. Der Reisebericht dazu war bei MO24: Blahwas, Manuel, tremor und BDR529 in den Cevennen und Pyrenäen

Ich wollte es noch mal versuchen, rein auf der spanischen Seite, der Rest der Gruppe aber nicht so sehr, weil es doch arg weit war da runter. Mit Standard94 (Nic, 23, Suzuki DR 650) und Duck (Markus, 34, BMW F800R) fand ich einen neuen und einen bewährten Reisebegleiter für mein Ansinnen und mit Anfang Mai fanden wir einen prima Termin für 12 Tage, einschließlich 2 Feiertagen und einem Wochenende.

Nic besitzt ein Auto mit Anhängerkupplung, und so war schnell klar, wohin der Hase lief. Die Routenplanung wurde mir überlassen, so konnte ich schön Touren zusammenbasteln, die sich an Passknackerpunkten orientieren – die zu sammeln ist mein Hobby geworden. Gerade in der Ferne und im Gebirge sind das im doppelten Sinne Höhepunkte. Unser Ansatz war "Glamour Camping" mit PKW-Anreise und Restaurant am Platz. Es sollten zwei Basislager sein, eines zentral in den spanischen Pyrenäen, und eines westlich in den spanischen Pyrenäen. Die Routen sehen so aus – in grau ist die Überführungsetappe zwischen den beiden Lagern, die von zwei Motorradfahrern „schön“ unter die Räder genommen wird, und von einem Autofahrer mit seinem Motorrad auf dem Hänger „schnell“ – ein undankbarer Job.

Bild

Da Standard94 aus dem Münchener Umland kommt, Duck und ich aber aus dem Ruhrgebiet, vereinbaren wir als Treffpunkt Karlsruhe. Das liegt für alle ungefähr auf dem Weg und nur je 3 Stunden von zuhause entfernt.

Di, 1.5., Privatanreise

Morgens 3 Stunden Autobahn fahren ist mir zu blöd, darum reise ich schon am Vorabend zunächst nach Darmstadt an und knacke noch ein paar Pässe im Westerwald auf dem Weg. In Darmstadt wartet ein günstiges Hotel „Atlanta“ auf mich und daneben das Restaurant "Zum Bembel". Das Hotel war okay, Restaurant ganz nett, dass Bayern die CL verloren hat freut mich, und die Fahrt war auch nett. Nur war es kälter als erwartet. Letztes Mal habe ich mir fast den Hitzetod geholt in den Pyrenäen, und so bin ich hier eher leicht angezogen und ausgerüstet. Aber der Süden kommt ja noch!

Mi, 2.5., Privat- und Gruppenanreise

Im Hotel gehen früh die Augen auf und um 8 Uhr stürze ich mich auf den in den Odenwald. Da gibt es ein paar nette Ecken und Aussichten, aber leider, typisch deutsch, natürlich nicht ohne flächendeckende Verbotsschilder und verwirrende Baustellenumleitungen. Den Odenwald kann man mal bereisen, er ist aber eher keine Reise wert, finde ich. Kurioser Punkt an der Reise, auf einer Grillhüte weit ab vom nächsten Dorf läuft gerade eine kleine, aber sehr laute Minitechnoparty, und ich soll die Grillhüte als Hintergrundmotiv fotografieren. Total unverdächtig.

Bild

Der Aussichtsturm am großen Feldberg ist noch recht eindrucksvoll. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie voll es hier werden kann, angesichts all der freien Parkplätze.

Bild

Gegen Ende des schönen Teils der Route komme ich am Neckar an und wusele mich durch Heidelberg durch, wo ich leider einen Abzweig in einen Tunnel verpasse und danach reichlich genervt durch schmale Gassen irre, inkl. Häuser von Verbindungen mit vordemokratischer Geschichte. Ganz oben lauert der Passknacker "Königstuhl", wo eigentlich auch tolle Aussicht wäre, wenn sie von nicht von einer Baustelle im Vordergrund verdeckt würde.

Nunja, ab auf die Autobahn nach Karlsruhe. Das geht ereignislos und sogar warm. Wir drei treffen fast zeitgleich ein, freuen uns ein Loch in den Bauch ob des kommenden Urlaubs, laden die Moppeds auf und dinieren im Burger King. Frage: Was hat 311 PS und 5 angetriebene Räder? Unser Gespann.

Bild

Das Problem daran: Nur 115 PS lassen sich gleichzeitig nutzen, und sie müssen ca. 2,5 Tonnen bewegen. Die Dachbox verringert die benötigte Leistung auch nicht gerade. Unbeladene LKW überholen uns auf der Autobahn bergauf, und der Motor wird arg gequält. Dass es in Frankreich keine Tempolimits für Anhänger gibt ermöglicht aber doch ein angenehmes Vorwärtskommen, trotz fehlendem Tempomat. Staus und Baustellen sind in Frankreich zum Glück selten. Mautstation aber häufig. So rollen wir auf der Autobahn nach Frankreich, durch Frankreich, immer weiter. Ein großes Land. Lyon erreichen wir spät abends und somit ohne Berufsverkehr und schließlich rollen wir durch Südfrankreich, wobei wir uns natürlich immer wieder am Steuer abwechseln.

Gegen 2 Uhr morgens sind aber alle platt, und es wird ein Rastplatz angesteuert, wo alle für ein paar Stunden die Augen schließen können. Wir haben es ja nicht eilig. Nic will nicht im Auto schlafen, sondern legt sich mit Isomatte und Schlafsack auf einen Tisch am Rastplatz - was recht urig aussieht, dem Leser hier aber erspart bleiben sollen. Und so wird es schließlich...
Do, 3.5., Gruppenanreise und Shakedown

Eine Stunde nach Anbruch des Tageslichts sind alle wieder auf den Beinen und es geht weiter. Tapfer kämpft sich der VW Bora mit dem 2 Liter Benziner die Pyrenäen hoch - wir haben uns für einen Umweg entschieden, der etwas weniger steil ist und mehr Hauptstraßenanteil hat. Der Verbrauch war auf dem letzten Abschnitt trotzdem bei 14,3 Liter (und im Durchschnitt bei 12 Liter). Das ist immer noch weniger als drei Motorräder zusammen verbrauchen, von Reifen und Inspektionen ganz zu schweigen. Da gehen die 170 Euro Anhängermiete einfach unter, schließlich werden sie durch Drei geteilt.

Kurz nach 12 Uhr erreichen wir den Zeltplatz "Camping Collegats". Freudig checken wir ein, laden ab und errichten uns Zelte. Ich stelle fest, dass ich im Packsack meiner treuen Aldi-Zelts leider sämtliche Erdnägel fehlen. Stimmt, da hatte ich mal aufgerüstet und die runden Aldi-Teile durch Profile ersetzt – die hätte ich besser mal zurück gepackt und nicht irgendwo anders hingelegt. Markus und Nic haben Mitleid und überlassen mit einige Nägel, mit denen mein Zelt schon halbwegs steht, aber nicht ordentlich abzuspannen geht. Das muss erst mal reichen. Schön hier.

Bild

Meine Versys wird um ein paar Kilo Rohrwerk erleichtert. Leider fehlt der rechte Motorradspiegel - der hatte sich wohl unterwegs wegvibriert, sogar auf dem Anhänger - das ist neuer Rekord. Der linke Spiegel wackelt auch schon bedrohlich und wird mit Nics Hilfe und Panzerband so fixiert, dass er nicht mehr wackelt, und das klappt erstaunlich gut. Leider habe ich vergessen, die Gopro einzupacken, wie mir gerade auffällt – Mist, bei den schönen Bergen hier hätte sicher ein paar schöne Fotos von während der Fahrt gegeben.

Und dann stellt sich die Frage: Jetzt noch Mopped fahren, oder Bier auf und Füße hoch? Es geht 1:2 aus, und so mache ich mich alleine auf den Weg, mal gucken was im Norden so los ist. Ist schließlich ein „alles kann, nix muss“-Urlaub hier. Die geplanten Routen der weiteren Tage hätten mich dort nicht hingeführt und zum Motorradfahren bin ich hier. Und wenn man vom Campingplatz aus schon sowas sieht…

Bild

… fällt die Wahl nicht schwer. Es geht für mich die Hauptschlucht entlang, tolle Farben und Formen rundum, dann immer höher, es wird kalt, es liegt Schnee, es schneit, alles ist weiß - wow. Das hatte ich nicht erwartet. Ich schlüpfe in die Regenkombi und fahre einfach weiter. Mal sehen was mich noch erwartet. Am ersten Pass sieht es so aus:

Bild

Bild

Dann geht es wieder etwas den Berg runter, und es kommt ein typischer Wintersportort. Dort biege ich rechts ab und fahre den Berg weiter hoch, bis zur unteren Station einer Seilbahn. Auch hier liegt rundum Schnee. Am unteren Portal einiger Tunnelportale liegt sogar ein paar Meter weit Schneematsch auf der Straße. Mein deutlich angefahrener ContiSportAttack 3 lässt sich davon freundlicherweise nicht aus der Ruhe bringen. Die Wetterlage ist sehr unwirklich. Alles weiß, Schneeflocken in der Luft, aber nichts bleibt liegen, und die Straße ist stellenweise sogar trocken. Das liegt dann wohl daran, dass hier vor dem Schneefall stundenlang die Sonne den Asphalt aufgewärmt hat, und dass es in Bodennähe über Null Grad hat. Weil das Schild der Station an der Straße noch nicht montiert ist, mache auf dem matschigen Boden vor der Station selbst mein Beweisfoto. Freundlicherweise fällt die Versys nicht um. Ich will nicht wissen, wann der nächste Passant vorbeigekommen wäre.

Bild

Runter geht’s wie schon gewohnt, und es wird wärmer. Dann geht es in einen fünf Kilometer langen und modernen Tunnel. Der hat farbige Beleuchtung, drei Fahrspuren, Verbotsschilder, Geschwindigkeitsüberwachung, Warnung vor dem Wetter am Portalende, also allen Komfort. Achja, und er hat Rollsplit auf der Fahrbahn, wie ich irgendwann feststelle und erschrocken mein Tempo deutlich reduziere. Schönen Dank auch! Für Passknacker mache ich ein Foto von der Versys vor dem Tunnel, und zwar auf dem Seitenstreifen. Dabei ertönt eine Lautsprecherdurchsage vom Band, die ich nicht verstehe. Als dann der Lautsprecher der SOS-Säule neben mir zu quasseln beginnt ist mir klar, dass ich gemeint bin, und dass hier wohl nicht rumstehen sollte. Bloß weg hier!
Nach einem Tankstopp geht es auf direktem Weg, also über die Pässe Viu de Llevata und Creu de Perves super kurvig und toll zu fahren zurück zum Campingplatz. Richtig schön hier, auch zum Motorradfahren, mit den Zuckergipfeln im Hintergrund.

Bild

Zurück am Campingplatz fehlen Zeltnägel - also fahre ich noch nach Sort und probiere ein Sportgeschäft - das hat zu. Ein weiteres Sportgeschäft hat offen, aber keine Zeltnägel, dafür sei ja schließlich noch keine Saison. Es gibt aber einen freundlichen (und englischen) Hinweis auf einen Baumarkt in fußläufiger Entfernung. Dort finde ich dann tatsächlich sehr solide Zeltnägel für 8 Euro im 20er-Pack. Da kann man nicht meckern! Also zurück zum Zeltplatz, das Zelt genagelt und endlich mit den anderen angestoßen. Die waren auch nicht untätig, und haben sich – natürlich unterhalb der Promilliegrenze, falls es in Spanien/Katalonien sowas zurzeit überhaupt gibt – im Nahbereich umgesehen und sowas entdeckt:

Bild

Anschließend haben wir uns, ganz im Sinne des Glamour-Campings, einen Tisch im Restaurant am Platz genommen und die Karte kommen lassen. Abgesehen vom unterirdischen Service (1 Getränk pro Stunde) war das Essen offensichtlich aus der Tiefkühlabteilung vom Supermarkt. Die Frau des Campingplatzbesitzers scheint wohl nicht so recht in ihrer Rolle als Köchin aufzugehen. Für uns: Einmal und nie wieder. Immerhin kann man nett sitzen, Bier trinken und WLAN nutzen, z.B. um die Passknackernachweise zu bearbeiten und hoch zu laden, und natürlich den Reisebereicht vorbereiten ;)

Bild
Fr, 4.5., Andorra und Osten

Zu dritt geht's heute früh los Richtung Sort, das ist der nächste Ort Richtung Norden. Dort wollen wir Frühstück einkaufen. Wir landen in einem Mini-Dorfsupermarkt mit Restaurant, wo Nic und ich so mit Probierstücken von Wurst und Käse vollgestopft werden, dass wir kaum noch Frühstück brauchen. Es erweist sich als hilfreich, dass Nic Halbfranzose ist und daher sehr gut Französisch kann, denn ich komme hier irgendwie nicht weiter. Baguette gibt's im Laden eigentlich nicht, aber der Hausherr geht kurz für uns zum Bäcker. Tee wollen wir kaufen, gibt es eigentlich nicht zum Verkaufen, aber für einen Euro bekommen wir 8 Beutel aus dem Fundus des hauseigenen Restaurants. Markus steht draußen und wundert sich, kann sich aber sicherlich an ähnliche Episoden mit vertauschten Rollen erinnern. Eile ist Fremdwort bei den Einheimischen.

Dann geht es über den ersten gemeinsamen Pass, den El Canto, Richtung Osten. Das ist ein wirklich schön zu fahrender Pass mit toller Aussicht. Es erfolgt ein erstes gegenseitiges Beschnuppern hinsichtlich Tempo und Linie. Kurzfassung Ersteindruck: Ich bin vorne weit weg, Nic sucht noch seine innere Mitte im eigenen Tempo und Markus guckt sich das ganze entspannt von hinten an. Auf der Passhöhe gibt es erst mal Frühstück mit Aussicht – ein Klassiker bei solchen Reisen. Ich nehme mir vor, Nic gelegentlich auf die Versys zu setzen.

Bild

Unser Plan ist es heute an der Grenze Spanien-Andorra entlang zu fahren, und dann von Westen her in den Kleinstaat einzudringen, um dort neue Reifen auf die Versys zu werfen, und die Bremse der DR entlüften zu lassen, denn diese bringt Nic etwas aus der Ruhe. Und so geht also zunächst links ab von der stark befahrenen Hauptstrecke.

Civis ist ein verschlafener Ort, der über eine kleine Asphaltstraße zu erreichen ist. Ein großer Schäferhund döst auf der Straße, und guckt uns irritiert an - ich grüße mit einer Hand noch in Fahrt, und er legt den Kopf wieder hin: Ah, ein Freund. So läuft das hier. Kann man sich was von abgucken.

Von Civis ein Stück zurück geht es rechts ab auf einen Schotterweg zum Coll d'Ares. Mit Engelszungen können wir Markus überzeugen, sich mit seiner F800R uns dorthin anzuschließen. Zum Glück ist es weder staubig noch schlammig - genau der richtige Feuchtigkeitsgrad – und mit Schotter ist auch nicht viel los, eher fester Boden. Es sind wenig Steine und es ist nicht sehr steil - das schaffen wir, und sind an der Passhöhe alle sehr begeistert. Tolle Gegend hier.

Bild

Bild

Weiter geht's zum Collada de Conflent - doch hier bremst uns ein Schneefeld aus. Wir versuchen noch, das erste Motorrad drüber zu schieben, aber da ist nichts zu machen. Der Hinterreifen dreht selbst bei Standgas durch.

Bild

Apropos Hinterreifen: Mein Conti Road Attack 3 hinten hat wenig Restprofil, und mein Conti Sport Attack 3 vorne hat eine Kante. Die dürfen beide neu, und weil Andorra um die Ecke ist, geht das einfach so. Eine Stunde und 209 Euro später rolle ich auf Michelin Pilot Power 2 CT und mit Markus im Schlepptau wieder Richtung Spanien. Ich wurde noch auf die verbrauchten hinteren Bremsbeläge hingewiesen. Stimmt, die waren neulich im Harz schon so runter, dass sie komische Geräusche machten, also habe ich einen Satz montiert, den ich vor irgendeiner Urlaubsreise mal durch neue ersetzt habe, und die fast verbrauchten hatte ich damals zurückgelegt. Und ich habe kurz vor dieser Reise extra neue Bremsbeläge gekauft, aber irgendwie nicht eingepackt. Mäßig genial, dann wird die Hinterradbremse ab jetzt eben geschont.

Als wir schon fertig sind, wartet Nic noch auf das Ende der Mittagspause einer Werkstatt. Nachdem die Bewohner Andorras auch beschlossen haben wieder zu arbeiten, schafft er es mit Englisch und Französisch dem Mechaniker sein Problem klar zu machen. Am Ende stellt sich heraus, dass nur der Schwimmsattel nicht mehr ganz so schwimmen will, wie er es sollte. Reichlich Kupferpaste behebt das Problem (vorerst), daheim muss dann das Schleifpapier ran und 24 Jahre Gammel entfernen.

Markus und ich fahren derweil eine Schleife über die Pässe in den Osten der Grenzregion: Coll de Trava und Coll de Bancs. Die sind sehr kurvig und nicht ohne landschaftlichen Reiz, allerdings in erbärmlichen Fahrbahnzustand, so dass man eher drüber rollt als fährt. Zum Coll de Port wird das schlagartig besser und es kommt reichlich Fahrspaß auf, mit noch besseren Aussichten, auch bei Pausen.

Bild

Und wenn man denkt, es geht nicht besser, kommt es besser: Port del Compte, Coll de Jou, Coll de Boix. An letzterem treffen wir auf Nic, der inzwischen fertig ist, und uns nach einer Abkürzung entgegenfährt. Gut, wenn jeder den Track dabeihat. Ein willkommener Anlass für eine Pause mit Baguette, denn die vielen Kurven zehren an der Kondition.

Da wir nicht wieder ins Campingplatztiefkühlrestaurant wollen, suchen wir uns unterwegs ein Restaurant. In Tremp findet sich auch an der Hauptstraße ein belebtes Bar/Cafe/Restaurant, wo wir uns sogleich niederlassen.

Bild

Leider gibt es hier erst ab 20 Uhr Essen, sodass wir eine Stunde mit Getränken rumkriegen müssen. Das klappt leider nicht so gut, weil nach der ersten Runde kein Kellner mehr den Weg zu unserem Tisch findet. Nur unsere Nachbarn werden weiter versorgt. Nassforsch bestelle ich sodann an der Theke drei Getränke und drei Speisekarten, und wieder eine Stunde später stehen drei Pizzen auf dem Tisch. Die war ganz gut, aber irgendwie ungewohnt. Naja, ab zum Zelt mit dem letzten Tageslicht und dort die Lichter auspusten.
Sa, 5.5., Westrunde

Wir fahren heute erst nach Süden, dann nach Westen. Die Route ist auf der Übersichtskarte oben orange. Die Postkartenmotive wechseln sich ab, wie bestellt. Gerne noch zusätzlich schneebedeckte Gipfel im Hintergrund. Es ist wunderschön hier, nicht nur zum Gucken, sondern auch zum Fahren. Die totale Erholung.

Bild

Bild
Nic ist angekommen und genießt

Dann fahre ich rechts ran, dann weiter vorne kreisen oben die Geier im Rudel. Sehr beeindruckend, das sieht man nicht oft.

Bild
Hoffentlich stehen wir nicht auf der Speisekarte

Wir beobachten sie eine Weile und fragen uns, was da los ist. In der Weiterfahrt wird klar: Eine Mülldeponie. Achso, na, selbst die sind idyllisch hier. Unsere Route biegt ab nach Norden, und dann wieder nach Osten Richtung Campingplatz. Eine Ecke schöner als die andere.

Den Passknackerpunkt Panoramica de Troncedo hatte ich nicht auf der Route, aber einfach vorbei fahren kann ich auch nicht. Ich bin da schon etwas wie Pacman. So nehme ich den Abstecher mit, aber N+M nicht. Ich kehre danach zur geplanten Route zurück. Diese Route führt jetzt durch eine lange Schlucht und ich bemerke einen gewissen Duft nach Schaf, plus eine etwas eklige Spur auf der Straße. M+N hole ich an der nächsten Passhöhe wieder ein, wo ich eh angehalten hätte. Die beiden haben etwas länger gebraucht, wegen eines siffenden Schaftransporters, der nicht zu überholen war. Jetzt werden Portraitfotos gemacht. Markus ist schließlich engagierter Hobbyfotograf.

Bild
Würden Sie diesem Mann ein Starthilfekabel leihen?

Bild
Hab ich was verpasst?

Bild
Markus biegt ein

Danach folgt ein Einkauf im Supermarkt, direkt gegenüber der Polizei, denn auf Restaurant haben wir keine Lust mehr und versorgen uns stattdessen selbst. Es folgt ein Teil der Strecke von meinem Shakedown-Tag, heute aber mit Freunden statt alleine, und mit einer großen Gruppe französischer Motorradtouristen auf 1000+x ccm, Anspruch auf die gesamte Fahrbahnbreite, aber ohne nennenswertes Tempo. Da kommt man dran vorbei und die anderen auch. Immerhin sind die Franzosen fair und machen Platz, wenn sie einen irgendwann mal bemerkt haben. Ich lasse es fliegen und genieße die Sportreifen auf der Leichtversys. Ist wirklich sehr schön hier, besonders auch zum Motorrad fahren!

Bild
Lauernde Spaßgeräte

An diesem tollen Fahrtag hätte sich definitiv die Gopro im Fotomodus gelohnt. Sei's drum, WIR waren ja live dabei. Heute werfen wir die Campingkocher an, die M+N vorsorglich mitgebracht haben. Ich Kochnihilist sitze daneben und lasse mich überraschen, und bediene mich dann am Ergebnis. Das klappt aus meiner Sicht ganz gut. Heute gibt es Bratwurst, Couscous mit Gemüse der Saison. Meine beiden Begleiter verwöhnen mich. Dazu gibt’s ein oder zwei mehr oder weniger regionale Getränke. Experten für Kronkorken haben wir, Experten für gewöhnliche Korken bilden wir noch aus. Pro-host!

Bild
Rotlicht als augenfreundliche Nachtbeleuchtung
So, 6.5., Nordost

Heute geht es auf große Schottertour. Zunächst wieder El Canto, anders kommt man hier nur über Trampelpfade nach Osten. Die schenken wir uns, denn in der Ferne liegen noch aufregendere Strecken. Dann ist endlich Zeit für die entscheidende Frage: Nic, willste mal Versys fahren? Nic grinst, Nic steigt auf, Nic fährt los. So kann ich auch mal die DR 650 fahren – die ist jetzt zwar nicht ganz mein Ding, aber Neugierde habe ich. Nic fährt vor, kommt aber nicht aus‘m Quark? Okay, ist vermutlich sein bisher modernstes und stärkstes Motorrad. Er fährt sonst noch eine GPZ500S. Ich fahre mal diskret vorbei und fühle mich da rein: Die DR ist leichter als die Versys, aber unhandlicher - zumindest mit dem Lenker. Aus der Hüfte raus lässt sich die DR besser in eine Richtung drücken, was auf der Straße aber nicht so wichtig ist. Längsdynamik allerdings, au Backe. Bremse? Man klemmt sich mit zwei Fingern die anderen beiden mit dem Hebel ein, und selbst wenn man ihn mit vier Fingern zum Lenker zieht, bremst da nicht viel. Ja, sie hat nur eine Scheibe vorne - hat meine NTV aber auch, und die wiegt mehr und bremst besser. Der eigentliche Horror ist ja, dass es vor der Behandlung vorgestern in Andorra noch schlechter gewesen sein muss. Beschleunigen geht grundsätzlich schon, 46 PS sind halt nicht die Welt, auch nicht bei 177 kg vollgetankt, aber das nutzbare Drehzahlband ist nicht breit, und leider ist die Übersetzung lang. Es gibt also immer nur einen Gang, der passt. Oder besser gesagt, höchstens einen Gang der passt, denn manchmal passt keiner so richtig. Grüße vom Einzylinder, der hat halt nur fünf Gänge und braucht den fünften als Schongang für die Autobahn. Mein Tipp wäre Umritzeln. Also ein eher spezielles Konzept und für kurvige Landstraßen so nicht ideal, schon gar nicht im Vergleich zu einer Versys 650 ;)

An der Passhöhe halte ich, ich will ja schließlich die Passabfahrt überleben, und gucke mal was Nic so sagt, wenn er später mal ankommt: Wie zu erwarten bedenkt er mich mit Kraftausdrücken. Das war klar. Warum, noch nicht: Es gefällt ihm sehr gut auf der Versys. Beim nächsten Stopp hat er das Smartphone in der Hand und sucht nach Gebrauchten. Ein Bild, das sich heute noch öfters wiederholen sollte. Hihi, angefixt :)

Bild
Willkommen im Club der Versysfans!

Wir folgen dann wieder der Strecke nach Andorra, biegen aber einmal links statt rechts ab und finden uns so auf neuen Pfaden. Markus verlässt uns hier am nächsten Pass, er möchte heute kürzer fahren. Leider bietet sich zum Abkürzen nur der gleiche Weg zurück an, es sind eben Schluchten hin. Der Weg ist aber auch rückwärts echt nicht schlecht.

Für Nic und mich geht es weiter auf eine Panoramastraße, wobei "Straße" etwas hoch gegriffen ist: Denzel Schwierigkeit 4. Der Einstieg erfolgt hinter einem Aussichtspunkt, dort beginnt die Schotterstrecke. Zuvor biege ich noch kurz rechts ab und sammle den Passknacker Coll de Pradell ein, Nic fährt schon mal weiter – die Übung kennen wir ja schon. An meinem Passknacker sammle ich noch schön klebrigen Lehm an Stiefeln und Rasten auf, der gleichzeitig klebrig und rutschig - er wechselt den Zustand je nachdem, was man gerade nicht gebrauchen kann.

Bild
Coll de Sauerei, soviel zum Thema "neue Stiefel"

Nic erreiche ich am Mirador, der wirklich eine tolle Aussicht bietet. Nic ist noch mit knippsen beschäftigt als ich erscheine. Tolle Aussicht hier, leider im Bild nicht rüber zu bringen. Tipp: Einfach selbst hinfahren! :)

Bild
Mirador de Gresolet

Sodann fahren wir in den Schotterweg rein auf den Abenteuerpfad, doch schon nach 1 km ist eine Schranke zu - keine Weiterfahrt erlaubt/möglich. Mist! Vielleicht ein Erdrutsch weiter vorne? Oder zu viel Schnee?

Bild
Fast artgerechte Haltung

Bild
rien ne va plus

So müssen wir eben umplanen und werfen die restlichen Passknacker des Großraums in die Route, Nic jedoch nur die auf dem Hauptweg, denn sonst würde es ihm zu lang. Es geht zunächst eine Bundesstraße nach Süden, die C-16, ein wahr gewordener Traum für Motorradfahrer. Die bin ich letztes Jahr auch schon gefahren und erkenne sie sogar wieder.

Ich warte auf Nic, und verabschiede mich vorläufig, denn hier geht es zum Mirador de la Figuerassa. Mein Trip dorthin war etwas Besonderes. Zunächst geht es 5 Kilometer über eine einspurige Straße in fragwürdigem Zustand, aber hochgradig kurvig, schön steil durch den Wald, wo's keinen juckt. Danach kommt ein großes Haus mit hohem Zaun und verdächtig vielen Oberklasseautos, wo man hofft, nicht mitten in ein Treffen hochwichtiger Gestalten der Halbwelt zu geraten. Dann kommen 5 Kilometer Waldweg, nicht ganz mein Fall, aber da muss man eben hoch. Dann sagt mein Chinanavi, dass 600 Meter rechtwinklig rechts neben dem Weg jetzt der Wegpunkt wäre. Danke für die Info, aber wie komme ich dahin? Garmin fragen? Das Garmin Zumo 210 mit dem OSM-Karten macht sich erst mal in die Hose und plant einen 5 Stunden Weg über 250 km. Danke für den Vorschlag, aber heute fahre ich das mal nicht. Aber es gibt ja noch Schilder. Und die führen mich dann auch erst zu einer Sendeanlage und dann zu einem Aussichtspunkt, wie ich keinen zweiten kenne. Einfach Wow. Natürlich bin ich mutterseelenalleine hier, denn niemand fährt 30 Minuten Waldweg für eine Aussicht - außer Passknacker, natürlich. Mit dem PKW hätte es wohl eher eine Stunde gedauert.

Bild
Da kam ich her

Bild
Da geht’s zu einer zweiten Plattform

Bild
Mittig am rechten Bildrand ist mein nächstes Ziel

Von hier oben kann den nächsten Punkt schon sehen: Das Sanatorium Queralt hatte ich bereits letztes Jahr besucht, und es ist Luftlinie 2 km entfernt. Um es kurz zu machen: Ich brauche 25 Minuten dorthin. Es hätte nach Süde einen kürzeren Weg zur Straße gegeben, den merke ich mir für das nächste Mal. Der nächste Punkt auf meiner Route ist Rasos de Peguera, eine Einbahnstraßen-Rundfahrt um einen Gipfel, der anscheinend als Radrennen-Zielankunftspunkt angelegt wurde: 1A Asphalt, Paralleler Parkstreifen über die gesamte Länge. Leider merke ich erst hier, dass es auch über etwas Holperstrecke zum Coll de Pradell gegangen wäre – die Strecke hätte mich die C16 und damit reichlich Kilometer sparen lassen können. Aber so war’s ja auch nicht schlecht.

Und ab jetzt geht’s weitgehend ohne Umwege zum Campingplatz, also auf die Bundesstraße westwärts. Tempolimits gibt's hier nur noch sehr selten, dafür gerne Richtgeschwindigkeitstafeln vor einzelnen Kurven. Auch Überholverbote werden nur sparsam aufgestellt und an Stellen wieder aufgehoben, wo sich der geneigte Autor fragt, wer oder was da wen überholen können soll - eine Fireblade ein Mofa mit Motorschaden? So oder so, großer Fahrspaß, und alle machen den Motos Platz. Ich hole Nic zwar nicht mehr ein, aber wir diskutieren bei den Pausen gemeinsam per Whatsapp den Heimweg: "Ist das geil hier!" "Was für ein Aussichtspunkt!" "Was für eine geile Bundesstraße!" "Was für Kurven!" "Sind die Dinger echt?" usw. Katalonien ist also auch im Hinterland ein Motorradfahrerwunderland: LV-4241, L-401, L-511. Und die Versys jagt gerne Sportwagen. Nur einheimische Motorradfahrer sind keine zum Spielen da.

Am Campingplatz treffe ich die anderen beiden strahlenden Verstrahlten wieder, die bereits wieder mit der Zubereitung des Abendessens zugange sind. Vorbildlich! Ich hüpfe noch unter die Dusche und kann mich alsbald an Nudeln mit vegetarischer Salamisoße und Baguette laben. Wie immer ein Gedicht auf Campinggeschirr.

Markus war früher zurück und ging noch Fotos jagen. Hier ein Teil seiner Ausbeute:

Bild

Bild

Bild

Die schönsten Bilder macht man zwischen Sonnenuntergang und Einbruch der Dunkelheit, die sogenannte blaue Stunde. Markus nutzt sie so sehr aus, dass er in der Dunkelheit kaum noch zurück findet. Gut, dass wir zwei rote Laternen haben, um ihn auf dem Campingplatz einzuweisen. Danke für deinen Einsatz!

Morgen steht der Umzug an. Nic fährt freiwillig das Auto, Markus widerwillig sein Motorrad, ich breitwillig mein Motorrad. Keiner hat's eilig, hier weg zu kommen, aber die Strecken sind alle. Das ist der Nachteil der Schluchten...
Mo, 7.5., Transfertag

Wir wechseln heute den Campingplatz. Vom „Collegats“ zum „Osate“ in Olchagavia, also von zentral nach westlich in den Pyrenäen, mehr zur Atlantikseite. Markus und ich fahren 400 km Motorrad. Zur Überführung dient natürlich eine Route aus Passknackerpunkten. Wir nehmen mit was in der Richtung liegt und die Tage zuvor übriggeblieben ist.

Bild
Wir dürfen heute Motorrad fahren

Bild
Frühstück am Weg ist wieder gesetzt, war schön hier, hinter dem Ort „Bonansa“

Nach ein paar Kilometern Bundesstraße führt unsere Route in eine enge Schlucht, die sehr vielversprechend aussieht. Leider ist der Weg gesperrt, und wie es aussieht, für Motos dauerhaft. Das ist schade, denn es beschert uns einiges an Umweg. Der Passknackerpunkt hier heißt übrigens Fanlo.

Bild
Du, hier, heute nicht!

Nic sitzt derweil im Auto, nimmt geniale Landschaft wahr und schöne Strecken und plant schon mal eine Karriere als Alkoholiker, weil er im Auto mit Hänger statt auf dem Mopped sitzt. Immerhin ist auf dem Hänger nur ein Motorrad statt drei, so dass das Auto heute auch mal vom Fleck kommt und unter 13 Liter Sprit braucht. Die beiden Motorradfahrer erreichen derweil einen Benzinverbrauch, der an deutsche Autobahnen erinnert - warum das so ist, sei der Phantasie des Lesers überlassen. Leider verliere ich auch ein Passknackernachweisschild, dass es mir auf der Bundesstraße wie von Zauberhand aus dem Klett-Fach des Tankrucksacks raus saugt. Das ist mir auch noch nie passiert. Gut, dass ich Ersatz dabeihabe. Derweil zieren tolle Berge den Hintergrund und super Wetter schmeichelt dem Gemüt.

Bild
Posingfoto vom Hobbyfotografen

Bild
Posingfoto vom Hobbyknippser

Später wird es verschnörkelter und wir nähern uns dem Pyrenäen-Hauptkamm. Das wertet die Aussichten noch weiter auf:

Bild
Da fahren wir heute mal nicht rein

Wir überschreiten die Grenze nach Frankreich am Col de la Pierre-St-Martin. Das ist ein wundervoller Pass: Tolle Landschaft, kurvige Strecke, breit und in piekfeinem Zustand. Gleichzeitig ist aber wenig Verkehr, da zwischenzeitlich ein Tunnel unten durch gebaut wurde. Oben liegt eine Zollstation, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Markus und ich bewundern die Landschaft. Total schön hier!

Bild
Blick auf Frankreich

Die Nordseite ist etwas holpriger und enger, aber dafür ist es hier definitiv Frankreich, was sich aus Erfahrung einfach gut anfühlt. Schöne Erinnerungen an unseren beiden gemeinsamen Frankreichurlaube werden geweckt. Bald biegen wir links ab und bewegen uns nah an der spanischen Grenze entlang des Gebirgskamms, über schmale Strecken in wenig erbaulichem Zustand, mit Kies drauf. Das kostet Zeit und macht müde. Nicht so schön. Ebenfalls nicht so schön, dass mein bexxxxtes Garminnavi hier keine Passknackerpunkte anzeigt, und mein kleiner Chinese die Wegpunkte in der Route an Stellen hat, wo keine Passschilder sind, und umgekehrt. Und so fahre ich Depp an 1 oder 2 Passknackerpunkten einfach vorbei! Das ist natürlich der Super-GAU für einen Passknacker, der 1500 km Anreise in Kauf genommen hat. Man soll es ja nicht zu ernst nehmen, aber HERRGOTTSACKZEMENTIFIXKAxxxxRMIN. Immerhin habe ich selbst geplant, also bin ich wenigstens selbst schuld. Nach einigen Kilometern Holperstolperstrecke fährt Markus den schnellsten Weg zurück, aber ich nehme noch ein paar Abstecher mit. So erreiche ich den Campingplatz 20 Minuten (oder einen Zeltaufbau) nach Markus.

Nic kommt wenige Minuten nach mir auf dem Campingplatz an und beschwert sich darüber, dass kein Ort in der Nähe einen Supermarkt mit normalen Öffnungszeiten hat und er schon vor hatte nach Frankreich zu fahren, wo laut Google der nächste Supermarkt ist, um was einzukaufen. Eine flotte Fahrt über die NA-140 und eine kurze Polizeikontrolle durch die örtlichen Sicherheitskräfte später (Markus‘ Unterwäsche scheint abzuschrecken) fand er aber bereits in „Burguete“ (heißt ab jetzt: Baguette) einen Supermarkt, in dem er noch Futter und Wein für heute Abend besorgt hat. Das tut auch Not, denn das Wetter ist hier eher so Semi. Es regnet und später prasselt es ganz schön runter.

Bild
Camping Osate in Olchagavia

Bild
Wenn man keine Tasse für das Chili dabeihat, baut man sich halt eine mit Limoflasche, Messer und Feuerzeug.

Außer uns sind noch ca. 35 „Studenten“ (wohl eher Schüler) auf dem Platz, mit diversen Getränken und Pflanzen. Sie waren trotzdem bis 3 Uhr morgens aktiv und auch nicht leise, aber das ist nichts, wovor man sich mit Gehörschutz nicht schützen könnte. Das gilt jedoch nicht für die Kälte, denn es geht hier nachts runter auf 5 Grad, und alles ist klamm-feucht. Das ist für meinen "Komfort 11°" Schlafsack definitiv zu wenig, auch mit Fleecedecke. Brrrr. Keine gute Nacht.
Di, 8.5., Westpyrenäen, Nordtour

Nach dieser kalten Nacht habe ich so meine Zweifel, ob es eine gute Idee war, Anfang Mai an die Atlantikseite der Pyrenäen zu fahren. Wir schälen uns aus den Schlafsäcken und mir ist weiterhin echt kalt. Ich würde gerne duschen, um mich aufzuwärmen, aber ohne Haartrockner kriege ich meine Haare bei den 7° nicht auf die Schnelle wieder trocken. So beginnt die Tour etwas kühl, aber immerhin bei Sonnenschein und mit guter Laune.

Bild
Sonnenschein, Spanien, Kurven, Motorräder, Passknacker

Remendia heißt dieser Punkt, und danach geht's auf den Hauptkamm der Pyrenäen, aka Grenze zu Frankreich. Puerto de Ibanata heißt dieser und ist schlanke 1057 Meter hoch. Man kann allerdings nach rechts und links nahe dem Kamm fahren.

Für uns geht es zunächst nach rechts (Osten). "Ortzanzurieta" ist 1570 Meter hoch und als "Schotter" markiert, aber nicht als "XXX" (schwer zu befahren). Entsprechend geht es hier 6 Kilometer über eine ziemlich verfallene einspurige Strecke mal links, mal rechts des Bergkammes entlang, mit potentiell tollen Aussichten nach Frankreich und Spanien - aber heute nicht, denn es ist Wolke. Schade! Die Wolke zieht aber so einem Tempo knapp über den Berg, dass das Zuschauen schon Gänsehaut macht. Ironischerweise ist es dabei recht hell, man könnte fast "sonnig" sagen.

Bild
Wir fahren heute mal links

Am Endpunkt hätte man 360° Aussicht, aber wir haben Wolke, und auch noch reichlich Wind. Das Visier offen zu halten fällt selbst zu Fuß schwer. Ziemlich cool hier!

Bild
Eine solar und mit Windkraft betriebene Funkstation im rustikal gegen Diebstahl gesicherten Anhänger

Auf der anderen Seite der Haupstraße geht es entgegen den Anweisungen meines Chinanavis tatsächlich per Asphalt auf direktem Weg zu zwei ziemlich belanglosen Passknackerpunkten, wo leider je ein Passschild stand, also hat's jemand halt eingetragen. Kann man sich sparen. Nics DR mag auch nicht mehr anspringen also muss er anrollen lass, zum Glück geht es hier bergab.

Nun wäre ein Tour über weitere Minipässe auf der französischen Seite angedacht, aber damit ich nächste Nacht nicht wieder erbärmlich friere, fahren wir stattdessen nach Saint-Jean-Pied-de-Port, einer größeren Stadt in Frankreich, wo wir einen Schlafsack kaufen wollen. Dies ist die letzte französische Stadt auf dem Pilgerweg nach Santiago, also sind hier viele Touristen unterwegs und entsprechend viele Angeboten vorhanden - vor allem an Speis und Trank. Da heute Feiertag in Frankreich ist (übrigens Befreiung = Sieg im zweiten Weltkrieg), sind auch viele Einheimische unterwegs. Der erste Supermarkt hat zu, der zweite ist offen und wir decken uns für den Abend ein. Leider gibt es hier keine Schlafsäcke. Danach finde ich per Google Maps einen Laden in der Innenstadt für Outdoor- bzw. Pilgerbedarf. Markus und Nic suchen derweil ein Restaurant fürs Mittagessen. Ich parke mein Motorrad irgendwo irgendwie (linke Straßenseite, schmaler Gehweg, also an ein Brückengeländer gelehnt), aber der Laden hat zu - Mittagspause. Der zweite Laden ist 500 Meter Fußweg entfernt, die übrigens verdammt steil waren in der Sonne in Moppedklamotten, und dort gibt es zwei Modelle: 08/15, groß und nicht sonderlich warm, wie ich schon einen dabeihabe, und noch einen daheim, für 60 Euro, oder für 159 Euro in Ultrakompakt. Hmmm! Einen Anruf bei Nic später ist klar, dass es wohl der teurere wird. Der hat nämlich auch nach der Reise noch einen Wert für mich. Und er passt zusammen mit den Handschuhen in den Helm, statt wie der alte 3/4 des Topcase auszufüllen.

Bild
Pilger-Tourimeile in Frankreich

Bild
Teurer als das Essen, aber dafür hoffentlich bleibend

Nic und Markus haben derweil ein Restaurant identifiziert und sich reingesetzt. Ich setze mich dazu. Leider ignoriert uns der Kellner 10 Minuten lang, und bedient in ausgesuchter Höflichkeit stattdessen andere Gäste, die nach uns erscheinen. Alles klar: Wir geben unser Geld gerne woanders aus, wenn man uns hier nicht haben will. Vielleicht will man die Pilger unter den Gästen nicht mit fremden Personen erschrecken, wenn sie zu fremden Orten reisen. Im nächsten Restaurant muss man angeblich vorher reservieren, aber wir finden ein drittes Restaurant, wo wir Platz nehmen dürfen und sogar bedient werden. Die Kellnerin ist extrem am Rotieren und doch landen bald 3 Tagesgerichte auf dem Teller: Eine Mini-Portion Geschnetzeltes vom Kalb, Crepe hinterher, 53 Euro für 3 Leute. Touristenfalle oder typisch französische Preise, ich weiß es nicht. Jedenfalls geht's weiter. Dazu musste ich die Route unter Schmerzen kürzen, denn es kostet mich Passknackerpunkte, aber bis 20 Uhr will auch keiner fahren.

Über kleine Straßen geht es zwischen Weidewiesen und Äckern hindurch, immer höher in die Berge rein auf immer schmaleren Strecken. Wir wundern uns noch über den Mittelstreifen auf dieser 3 Meter breiten Strecke, aber als der Nebel beginnt, sind wir sehr froh, dass da ein Streifen ist. Leider endet der Nebel so schnell auch nicht wieder, und es wird zusätzlich auch noch ziemlich kalt. Weil man im Nebel nicht dran denkt, dass der auch feucht ist, haben wir bald alle hübsch feuchte Membranklamotten statt Regenkombis an und frieren.

Bild
Sichtweite?

Bild
Gutschein über eine Aussicht

Einen Abstecher zum vierten Passknacker muss ich bereits alleine unternehmen, denn die Mitfahrer meutern und lassen ihn einfach aus. Pöh! Die hole ich später aber eh wieder ein. Kurios sind noch die baskischen Namen der Pässe, z.B. Burdinkurutxetako Lepoa und Bagargietako Lepoa. Sie alle liegen an Berghängen und versprechen tolle Aussichten, aber leider liegt letztere in der Wolke verborgen, und die Sichtweite ist meist deutlich unter 100 Meter.

Bild
Buchstabensuppe in Nebelsuppe

Im folgenden fahren wir immer weiter durch dieses Nebelmeer. Hin und wieder reißt die Wand auf und umso beeindruckender ist man dann von jeder Aussicht.

Bild
Ein Lichtblick

Bild
Da unten, ich sehe was!

Auf dem Weg zum Übergang nach Frankreich am Col d'Erroimendy erreicht uns noch ein Franzose mit Kamera am Helm auf Suzuki GSR 750, dem ich im folgenden Folge. Er fährt den typisch südländisch-optimistischen Stil: Ich werfe mich mal in die Kurve rein, schön weit links, und lasse mich davon überraschen, was dort auf mich wartet. In der zehnten Rechtskurve kuschelt er schon fast mit der linken Leitplanke, aber nur weil kein Gegenverkehr kam - sonst wäre er drunter gewesen. Auf den Geraden wird angegast und in Rechtskurven ist er spätestens bei 40% der Bogenlänge am linken Rand seiner Fahrspur – und der rechte Fahrbahnrand ist grundsätzlich tabu. Da bleibe ich lieber dahinter und versuche nicht, zu überholen. Den Berg runter verlassen wir die Wolke und haben wieder Sicht. Da kommt schlagartig Fahrspaß auf! Nebel nervt sehr, da hätte man auch nach Schottland fahren können.

Die Route führt dann automatisch nach Ochagavia, wo unser Campingplatz liegt. Ich habe noch einen Abstecher nach Norden im Programm, zum Tapla Arrondolepoa, einem 1368 Meter hohen Aussichtspunkt. Leider will keiner mit, also fahre ich halt alleine. Den halben Weg habe ich Sicht, danach bin ich wieder in der Wolke und es pfeift so heftig, dass ich zu Fuß kaum aufrecht stehen kann. Brrr.

Zurück am Campingplatz ist tote Hose, alle anderen Gäste sind weg. Wir kochen in Ruhe unser Abendessen und planen den Rest des Urlaubs. Auch wenn mein neuer Schlafsack mich vorm Kältetod bewahren wird, machen solche Ausfahrten im Nebel und bei Kälte keinen Spaß. Alternativen werden erwogen: Abbruch kommt nicht in Frage, wohl aber ein weiterer Ortswechsel. Dieser sollte so ausfallen, dass bei Tageslicht die Zelte ab- und aufbauen kann, also unter 12 Stunden Fahrzeit. Damit sind die eher wetterfesten Vogesen raus. Die französischen Alpen sind um diese Jahreszeit noch nicht sinnvoll zu bereisen und erst recht nicht mit Camping. Ich nutze mal wieder Passknacker zur Wahl mir bisher unbekannter Motorradregionen. So in der Mitte des Heimwegs liegt die Region Auvergne und ein Blick auf den Wetterbericht verspricht 20 Grad am Tag und 10 Grad bei Nacht, und außer am Abreisetag keinen Regen. Aber Hallo! Das ist mehrheitsfähig. Mit dem von BDR529 empfohlenen Campingplatzbewertungstool Zoover wählen ich den Campingplatz „Le Sauzet“. Es sind 700 km Strecke, also kommen die Moppeds alle auf den Hänger. So geht es mit guten Aussichten in die Nacht, dank Doppelschlafsack schön warm. Fast ein Bisschen zu warm, aber da schläft man besser durch, bzw. träumt von etwas schönerem…
Mi, 9.5,. Auto-Transfer

Morgens Einpacken, Moppeds aufladen und los geht's. Leider finde ich morgens neben meinem Schlafsack meine Brille am Gestell zerbrochen vor - da habe ich mich nachts wohl zu viel bewegt. Ärgerlich, aber kein Weltuntergang, und nichts, was man mit etwas Klebeband nicht wieder provisorisch hinbekommen würde. Die nächsten Motorradtouren fahre ich dann mit Kontaktlinsen, im Auto reicht die Klebebandlösung.

Zuerst müssen wir wieder über den gleichen Pass nach Frankreich wie zuvor mit den Motorrädern runter. Mit einem 120 PS Golf mit 3 Motorrädern auf dem Anhänger ist das etwas anderes. Das geht nur im zweiten Gang bergauf, und bergab braucht man eigentlich den ersten. Wie um uns zu ärgern ist die Aussicht heute top. Man sieht vor allem Wald und wenig Fels.

Bild
Das wäre Ihr Preis gewesen

Bergab machen wir Pause, um die Bremsen abzukühlen. Es riecht schon ordentlich nach Bremse, trotz Einsatz der Motorbremse. Getreu dem Motto "Glück ist Pflicht“ halten wir eine halbe Kurve vor einem kleinen Kuhauftrieb. So haben wir sogar noch was gucken während der Pause.

Bild

Wir erreichen das Tal direkt an einer Tankstelle. Wir prüfen die Abspannung und stellen fest, dass die BMW sich von einem Spanngurt an ihrem Heck getrennt hat. Der Gurt ist weg. Den ersetzen wir, finden ihn aber in der Einfahrt der Tankstelle kurz nach der Abfahrt wieder. Glück…, siehe oben. Danach zuckeln wir noch lange über diverse die Dörfer, bis wir endlich auf die Autobahn können. Direkt hinter der Mautstation prüfen wir die Abspannung und haben schon wieder einiges nachzubessern. Holperstrecken und Temposchwellen sind einfach nicht so genial mit Anhänger. Wir wählen zunächst die Autobahn nach Osten, parallel zu den Pyrenäen, statt nach Norden, Richtung Bordeaux. Das ist laut Google Maps gleich lang (Zeit) und kürzer (Strecke). Außerdem hat es den Vorteil, deutlich weniger Maut zu kosten.

Ohne Hektik und diversen Pausen inkl. Einkaufen kommen wir fast genau wie geplant um 18 Uhr am neuen Campingplatz an. Dieser liegt sehr idyllisch und recht weit oben am Berg. Das Haupthaus ist ein Bauernhof auf dem 15. Jahrhundert. Wir sind die einzigen Gäste und die Gastgeber (Holländer) kommen extra für uns angefahren, um uns alles zu erklären. Schon am Telefon wurden wir gewarnt, dass es kalt sei, und dass wir auch in der Scheune schlafen können.

Bild

In der Scheune standen im Obergeschoss mehrere große Zelte, mit je drei Betten drin. Für uns keine wirkliche Option, wir wollen mehr Privatsphäre. Zelte aufbauen, Kocher anwerfen: Nudeln mit Soße, Würstchen, Würstchen, Würstchen, dazu Würstchen, und als Nachtisch Würstchen. Zum Abspülen wischt man mit Baguette die Pfanne und erhält konzentrierte Würstchenessenz. Uff.

Bild
Unser Aufenthaltsraum

Dann noch schnell ein paar Routen geplant, wir haben zwei Fahrtage in der Auvergne. Das ist eine Vulkanlandschaft ziemlich in der Mitte Frankreich mit vielen Dörfern und weniger Einwohnern als Nutztieren - eben typischen ländliches Frankreich. Die Strecken sind kurvig ohne Serpentinen. Dann geht’s auch schon ab in den warmen Doppelschlafsack, denn hier oben am Berg ist auch wieder nicht so warm wie man es gerne hätte.
Do, 10.5., Auvergne West

Heute Morgen haben wir Nebel am Platz und es ist echt kalt und feucht. Das drückt auf die Laune: Haben wir nicht gestern den ganzen Tag (bei Sonnenschein!) im Auto verbracht, um genau das zu vermeiden? Und jetzt ist es schon am Zelt, statt nur auf hohen Bergstrecken? Hmpf.

Bild
Leider keine schönen Aussichten am Morgen

Widerwillig steigen wir in alle Motorradklamotten die wir finden können, ich packe nun sogar noch eine Wärmefläsche ein - erster Lacher. Dann steige ich auf der Wiese bei laufendem Motor aufs Motorrad auf und trete versehentlich auf den Ganghebel statt auf die Raste. Damit fühlt sich das Hinterrad plötzlich berufen, zu drehen, und der eiskalte Pilot Power auf der feuchten Wiese sorgt dafür, dass der Motor nicht sofort abstirbt, sondern er dreht im Leerlauf einfach durch. Aber nicht lange, denn wie durch ein Wunder entstand doch irgendwie Grip zwischen dem völlig querprofilfreien Reifen und der nassen Wiese. Vielleicht hatte der Reifen beim dritten Durchdrehen schon seine Betriebstemperatur erreicht? Jedenfalls setzt sich das Motorrad in Bewegung bevor ich richtig drauf sitze und ich habe auch erst eine Hand am Lenker. Dank meiner überragenden Fahrpraxis, hervorragenden Reflexe und ausgeprägten Bescheidenheit kapiere ich sofort was los ist und kriege den Bock wieder eingefangen, statt mich schon auf dem ersten Meter auf die Seite zu legen. Das wäre dann der zweite Lacher heute.

Ich hatte zwei, drei Routen vorbereitet: Eine kurze nach Osten für Tage mit mäßigem Wetter, eine mittlere nach Westen, und eine richtig lange mit vielen Passknackerpunkten im Südwesten, die man eigentlich keinem Mitfahrer zumuten kann. Wir beginnen wegen des Nebels mit der kurzen Route. Es geht kurvig und auf mäßig guten Strecken durch den Wald in der Nachbarschaft des Campingplatzes. Feuchte Straße, wenig Sicht, keine Aussicht, und wir halten ein Auto auf. Pilot Power fragt sich auch wie er in diese Lage gekommen ist und bringt wenig Verständnis dafür auf.

Bild
Motorradnebelwandern

Nach 30 Minuten Rumeiern im feuchten Nebelwald fällt der Entschluss, dass das so keinen Sinn hat, und darum fahren wir jetzt ins Tal, hoffentlich aus der Wolke raus. Ich werfe einen Punkt ins Navi westlich der Autobahn und biege auf dem groben Weg dorthin immer in die Richtung ab, wo der Himmel heller ist. Das klappt ausnehmend gut und bald wird es warm in den Regenkombis. Wir schnappen uns eine Campingbank am Wegesrand und genießen einfach nur die Sonne. Ich nehme die besonders lange vorbereitete Tour und werfe den Anfang raus, sodass wir passend einsteigen können. Das führt weiter nach Westen, und da sieht auch das Wetter gut aus.

Auch das klappt toll, und wir erreichen vierstellige Höhen mit schönen Aussichten. Es ist eher viel Verkehr, für französische Verhältnisse. Man muss also alle fünf Minuten mal ein Auto überholen, und es scheint eine touristisch relevante Höhe zu sein, mit Aussichtspunkten auf Vulkanschlote.

Bild

Am Col de la Malmouche stellt Nic den Motor ab, und kriegt ihn danach leider nicht mehr an. Die Suzuki braucht liebevolle Anschiebehilfe. Leider ist dieser Col nicht sehr steil, aber Markus schafft es füßelnd.

Ab dem Col de la Volpilière begann eine wundervolle Strecke über eine Hochebene, bzw. ein Hochtal. Rechts und links alles grün, Weideflächen, ganz selten mal ein Haus. Und so geht das 20 km immer weiter.

Bild
Wer Passknackerpunkte abfährt, heißt Passknacker. Wer einen Passknacker dabei begleitet, heißt – Gassiknacker?

Der Col de la Croix St Robert bietet dazu wieder Abwechslung. Die Strecke sieht aus wie eine Bergrennstrecke mit den doppelten Leitplanken und einer Fußgängerüberführung, und lässt sich auch so fahren.

Bild

Am unteren Ende lockt ein Cafe mit Motorradparkplätzen, wo wir halten und die Terrasse eröffnen. Ganz schön hell hier. Und ganz schön toll! So kann ein Tag sich wandeln.

Bild

Etwas kurios gerät dann ein Tankstopp an der einzigen offenen Tankstelle weit und breit. Leider sind nur 2 Säulen in Betrieb, und diese in Automatenversion. Leider nehmen sie keine Kreditkarten, sondern nur Bankkarten, und die 8 holländischen Riesentourerfahrer vor uns müssen 1. alle einzeln tanken und 2. alle selbst nacheinander drei verschiedene Karten probieren. Wir stehen recht lange und hinter uns bildet sich eine Schlange - ein seltenes Bild. Wir tanken auf eine Rechnung alle drei Motorräder voll und sehen zu, dass wir hier wegkommen.

Es folgt eine längere Etappe durch ein Hochtal, wo rundum Weidefläche ist, und die Mitte führt die Straße in sanften Schwüngen entlang. Kein Ort, kaum ein Haus, keine Kreuzung, kein Verkehr. Total idyllisch hier. Markus kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus und ich freue mich, dass der Plan mit dem Umzug nun doch aufging.

Bild

Bild

Doch dann nagt das menschliche: Müdigkeit kommt auf, und Hunger noch dazu. Da bietet sich der Ort Massiac für eine Pause an. Auf dem Weg dorthin verputzt die Versys schon mal zwei vorlaute Porsche: ein Cayman aus Monaco und ein Boxster aus heimischer Haltung. In Messiac stehen noch zwei 911 GT3 rum - so ganz zufällig kann das nicht sein. Dann suchen wir im Ort ein Restaurant, und dabei Nic würgt die DR ab. Das kann ja mal passieren. Leider springt sich nicht wieder an. Wir beschließen sie hier erst mal so stehen zu lassen, parken daneben, gehen zu Fuß essen jagen, und werden die Lage danach neu bewerten.
Im ersten Restaurant kriegen wir Getränke, aber nichts zu essen, also stiefeln wir danach noch zum Bäcker, der erst auf den dritten Blick geöffnet hat, und vertilgen herzhaftes und süßes auf einer Bank am Platz. So ist Urlaub. Nach dem Verzehr ist nicht nur der Kalorienbedarf des heutigen und des nächsten Tages gedeckt, sondern auch Nics Stimmung besser.

Danach mag die DR leider immer noch nicht alleine starten. Vielleicht hätten wir ihr auch ein Törtchen mitbringen sollen. Ich baue also die Versys-Batterie aus, während Nic seine freilegt. Pol an Pol und mit Choke rappelt der Eintopf wieder los, wenn auch mit arg geringer Leerlaufdrehzahl. Nich baut alles wieder zusammen und macht sich auf den schnellsten Weg zum Campingplatz. Ich baue meine Batterie wieder ein und jage mit Markus hinterher. Wir hatten zwar nicht über den zu fahrenden Weg geredet – schnellste Route, ja, aber mit oder ohne Autobahn? – aber wir fangen Nic auf der Autobahn wieder ein. Mutig, so auf die Autobahn zu fahren, aber hey. Wir nehmen ihn in die Mitte und geleiten ihn fast ohne anzuhalten zum Campingplatz. Der Tag ist gerettet!

Auf dem Campingplatz fragt Nic noch nach einem Ladegerät, zwei Drähten zum Überbrücken und einem guten Restaurant für morgen Abend. Und siehe: Die DR darf die Nacht im Trockenen an der Steckdose verbringen, die Drähte des Kabels für die Ausfahrt morgen sind sogar isoliert, und das Restaurant hält für uns morgen Abend einen Tisch frei. Wir verbringen den Abend vor dem für uns angeschürten Kamin im alten Bauernhaus und vernichten unsere Vorräte an Bier und Cidre. Wer will die schon wieder mit nach Hause nehmen? Diesen Abend bleibt die Küche kalt, es gibt Baguette, Salami, Käse und diversen Süßkram. Außerdem ungefähr das gesamte restliche Bier. Angesichts der bisherigen kulinarischen Leistung von M+N lade ich für den Folgeabend ins Restaurant ein, denn ich habe mich beim Kochen immer vornehm zurückgehalten. Das war für alle Beteiligten sicherlich das Beste.

Bild

Wir sind heute insgesamt beachtliche 339 km gefahren, das meiste davon mit 1A Fahrspaß. Für den neblig-kalten Start ein echt gutes Ergebnis. Danke ans Passknackerteam, dass man jetzt auch in der Fremde leicht solche Traumstrecken findet!
Fr, 11.5., Auvergne Ost, Letzter Fahrtag

Diese Nacht war die kälteste bisher, selbst mit Doppelschlafsack werde ich öfters wach, und auch die harrten wehrrtiensterrprroptten M+N geben zu, dass es recht frisch war. Markus hat die Getränkeinventur vom Vorabend überlebt und den genialen Einfall, die restlichen Nudeln schon morgens zu kochen. Da die Sonne scheint und alles hier gerade sehr angenehm ist, und weil ja Urlaub ist, geben uns einfach mal den Vormittag dem Müßiggang hin. Als Tisch in der Sonne dient der Anhänger.

Bild
Anhänger ohne Wand haben Vorteile

Bild
Die Katzen gehören zum Platz und sind im Preis enthalten

Die geplante Tour fahren wir also erst gegen 12 Uhr los. Macht aber nix, denn heute fahren wir nur eine kurze Route zum Ausklang. Nachmittags wollen wir die Motorräder verladen, uns hübsch machen und dann gediegen mit dem Autowagen ins Restaurant fahren, wo wir uns auf Französisch den Bauch vollschlagen wollen und anschließend bettfertig ins Zelt plumpsen.

Es ist also ein guter und gemütlicher Start in den Tag, ja geradezu warm. Zunächst geht es in den Osten der Auvergne. Heute sieht man auch, wo man fährt, denn es ist eitel Sonnenschein statt Nebelsuppe. Es gibt Wald, Weide, Straßen und putzige Häuser. Das gesamte Mittelgebirge wird von einem überraschend dichten Straßennetz durchzogen. Leider liegt oft Kies in der Fahrspurmitte, so dass man sich nicht wirklich beschwingt in die Kurven stürzen kann. Normales Tempo geht aber einwandfrei. Wir machen eine schöne, sonnige Pause am Col du Béal. Da gönnt man sich auch mal ein Eis oder einen Crepe. Ansonsten fahren wir überwiegend auf verschlungenen Straßen durch Wald, mit wenig bis keinem Verkehr.

Bild
Da kann man zu Fuß ganz den Berg hochlaufen. Ein armer Irrer macht das auch, und schleppt tatsächlich Helm und Tankrucksack mit.

Irgendwann braucht Markus Sprit: Seine BMW hat die geringste Reichweite. Leider liegt natürlich keine Tankstelle mitten auf diesen Pfaden, also geht es ins nächste Tal, in einen Ort namens Ambert. Da wird es nicht nur wärmer, sondern schlagartig auch voll, und zwar durchaus auch mit Motorradfahrern. Wir haben sogar zwei Ampeln an zwei Kreuzungen hintereinander! Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Ampeln auf Motorradtouren in diesem Urlaub auf fünf. Keiner hat die Dinger vermisst. Die anderen Tankstellenkunden haben es wieder mal überhaupt nicht eilig, und wir machen mal wieder den "Ein Rüssel, drei Tanks"-Modus, um überhaupt je wieder hier weg zu kommen. Nach dem Tanken springt die DR willig wieder an, und wir fahren weiter, bzw. ich fahre weiter noch schnell drei Pässe knacken, die anderen beiden haben genug und fahren zum Campingplatz zurück, wo sie ca. 20 Minuten früher ankommen und schon die Suzi auf den Hänger gewuchtet haben. Die Kawa und BMW folgen, es wird akkurat verschnürt und dann intensiv Körperpflege betrieben.

Abends fahren wir wie geplant per PKW ins Restaurant. Als Wenigsttrinker bin ich der designated Fahrer. Wir sind die ersten Gäste im Restaurant und fühlen uns underdressed, werden aber sehr herzlich empfangen. Als die anderen Gäste erscheinen, stellen wir fest, dass wir mit Fleecepullis, Stoff- und Jogginghosen genau richtig angezogen sind. Die Speisekarte uns geduldig erklärt, die etwa 45jährige Kellnerin packt sogar ihr Schul-Deutsch aus, und unser Halbfranzose hilft weiter bei der Aufklärung, was wir da ungefähr bestellen.

Bild

Bild

Bild

Um es kurz zu machen: Es ist völlig egal was man bestellt, alles ist super und schmeckt super. Je einen Gruß aus der Küche vorweg und danach gibt’s gratis, Vorspeise und Hauptgerichte liegen zusammen bei ca. 25-30 Euro pro Nase, und ein Dessert darf’s dann auch gerne noch sein. Die drei Geheimzutaten der französischen Küche sind übrigens Butter, Butter und Butter. Desserts bestehen meist aus „XY + <Schnapps>“. Mir hat es außergewöhnlich gut geschmeckt, und meinen Mitstreitern ebenso. Ich glaube, ich weiß jetzt, wie die beim Orgasmus aussehen… Das Restaurant des Hôtel la Clairière in Chambon-sur-Dolore bekommt also hiermit einen goldenen blahwas-Stern verliehen.

Danach ging’s gemütlich per Auto zurück, so lecker das Essen war, soll es auch drinbleiben, und dann geht’s an die allerletzten Getränke: Kopfgetriebeöl rinnt in unsere Kehlen, und irgendwer findet doch wieder noch ein Bier oder fünf. Morgen soll es früh wieder in die Heimat gehen. Der Platz ist schon bezahlt, 10% Rabatt wegen Kälte. Toller Ausstand heute!